Gabi Laszinger: Lebensretterin und gute Seele von Kathmandu

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Autorin des Artikels: Ulrike Parthen
Uli schreibt auch deine Geschichte ulrikeparthen.de
Titelfoto: Tobias Dellit

 

Südost-Asien 1999. Gabi sucht dort den Sinn des Lebens und sitzt dazu ganz gerne am Ganges oder ist an den verschiedensten Orten Nepals unterwegs – Warten auf die Erleuchtung, die jetzt doch bitte endlich mal über sie hereinbrechen möge. So jedenfalls ihr Wunsch.

Das Universum antwortet auf so was ja immer, auch bei Gabi … nur eben anders. Es schickt ihr Ashisk, Ashok und Abinash ins Leben. Die drei kleinen Jungs vegetieren völlig geschwächt in der sengenden Hitze am Straßenrand in Kathmandu vor sich hin.

„Da muss man doch helfen“, denkt sie sich und krempelt die Ärmel hoch. Zu der Zeit kann sie (noch) nicht wissen, dass sie bei derlei naiven Vorsätzen in einem Land wie diesem nicht unbedingt Freudentänze auslöst. Es endet wenige Wochen später in einer Morddrohung und dem entsetzten Ausruf ihrer Freunde: „Gabi, bist du verrückt? Lass gut sein und uns hier sofort verschwinden!“

Kommt für sie gar nicht in Frage! Sie macht weiter – inzwischen gute 20 Jahre. Gabi gibt dafür alles, schläft maximal 4 Stunden pro Nacht. Essen? Keine Zeit! Und auch als Malaria und rheumatisches Fieber sie deutlich in Richtung Himmelspforte schieben, sagt sie sich „Keine Zeit für so was“, erholt sich davon und hilft weiter den Ärmsten der Armen in Nepal. Die ganze (atemberaubende) Lebensgeschichte kannst du nachfolgend lesen.

 

Mit dem Rucksack durch Südost-Asien

Wie so oft verbringt Gabi mal wieder Zeit am Ganges – irgendwo mitten in Indien. Ein paar ruhige Minuten wären schön, wegen der Erleuchtung. Ohne die nötige Ruhe wird das ja sonst nie was. Nur: Ruhe gibt es in Südostasien an einem viel frequentierten Ort wie dem Ganges-Ufer eben nicht. Zumal Gabi als Europäerin deutlich aus der Masse heraussticht, und das genau ist ihr Problem.

Hunderte Male pro Tag betteln Menschen sie an. Zupfen vorne, hinten und seitlich an ihr herum in der Hoffnung auf ein bisschen Nahrung oder anderes. Oder sie kommen in einer großen Gruppe wie von der Tarantel gestochen plötzlich auf sie zu gerannt. Flüchten oder einfach sitzen bleiben? Tja, wie verhält man sich da? Gabi entscheidet sich für letzte Variante – nicht ohne deutliches Herzbeben und der einen oder anderen Schweißperle auf der Stirn.

Die Menschen tun ihr leid, doch sie sich selbst zu der Zeit noch viel mehr. Schließlich hat sie eine Depression und leidet immens darunter. Außerdem kann sie bei der Masse an Elend doch sowieso nichts ausrichten … denkt sie zumindest in den ersten Monaten ihrer Reise – das sollte sich bald wie schlagartig ändern. Daher macht sie ihr eigenes Dilemma einfach zum Mittelpunkt der Erde und will dem dank Erleuchtung endlich entkommen. Wie aber kam es überhaupt zu Gabis Lebenskrise?

 

Rückblick: Gabis Berufung und ein voller Terminkalender

Schon als Kind sieht sie Energien, die andere nicht wahrnehmen. Das findet sie arg befremdlich und versteckt die Gabe lieber hinter einem ziemlich angepassten Mädchen. Sie fällt nie auf oder gar aus dem Rahmen – bis sie als Teenager schwanger wird. Großes Brimborium zu der Zeit, das die Sache wieder in ihr hochkochen lässt – und alles spitzt sich in Richtung Katastrophe zu. Kaum auszuhalten für sie.

Einige Jahre später: Gabi beendet dennoch die Schule und danach erfolgreich ihr Studium. Das Schicksal befindet, dass es nun aber schon wieder an der Zeit wäre, sich um ihre medialen Fähigkeiten zu kümmern. Wie könnte das besser klappen als bei der „Grand Dame der Spiritualität“, die erstmalig in Deutschland ein Seminar zum Thema anbietet. Gabi versucht alles, um dort ein Ticket zu ergattern. Und was sie erreichen will, erreicht sie auch! So lernen sich die beiden kennen und als die Dame einige Zeit später eine Übersetzerin sucht, naja, die Sache nimmt dann relativ schnell ihren Lauf.

Stichwort Schicksal und Anlauf No. 2: Die Dame erkrankt und bittet Gabi, bei einem Event in Basel für sie einzuspringen. „Kein Problem, mache ich!“ Plötzlich steckt sie mittendrin in ihrer Berufung sowie einer rasanten Entwicklung. Sie lässt sich daraufhin fundiert ausbilden und arbeitet fortan als mediale Beraterin.

 

Angekommen?!

Man könnte denken, Gabi ist damit bereits in recht jungen Jahren am größten aller Ziele angekommen, dem viele ihr Leben lang vergeblich nachjagen: Die Berufung leben können, sich nicht mehr mit seinen Gaben verstecken müssen. Begleitet wird diese Tatsache durch den Luxus eines über 2 Jahre im Voraus ausgebuchten Terminkalenders. Gabi ist gefragt, erfolgreich und … unglücklich!

 

Kein Platz mehr für das eigene Ich

Während andere sie ungewollt auf einen Thron bugsieren und sie als „Guru“ betiteln, verliert Gabi sich immer mehr selbst. Grenzen gibt es für sie keine mehr.

Nur noch helfen, helfen, helfen – besser werden, immer mehr Verantwortung für andere übernehmen, nonstop erreichbar sein. Dabei wünscht sie sich doch nur eines: Die Menschen mit ihren Fähigkeiten unabhängig zu machen, damit die sich selbst helfen konnten. Für so manchen ist die Not jedoch so groß, dass „sich Zeit lassen“ und in der eigenen Entwicklung zu reifen keine Option ist. Es soll schneller (und einfacher) gehen.

„So geht’s nicht weiter“, protestiert ihr Körper und legt sie lahm. Damit sie den Warnschuss auch ja versteht, gesellt sich eine schwere Depression hinzu. „Okay, verstanden!“, so Gabis Reaktion – verbunden mit der Frage: „Was stelle ich mit dieser Erkenntnis jetzt an?“

Da sie noch nie in Indien war, wird recht spontan die Idee geboren: „Flieg ich halt mal für ein paar Monate dahin. Mit dem Rucksack quer durch das Land reisen, ein bisschen am Ganges sitzen und dort auf die Erleuchtung warten.“ Gesagt, getan!

 

 

Blitzschlag des Schicksals – ein mystischer Moment

Nach einigen Wochen flüchtet Gabi Hals über Kopf aus Indien und landet, ohne das so je geplant zu haben, zufällig in Nepal. Wie gewohnt das typische Bild am Straßenrand von Kathmandu: Elend, Menschen in Not, ein Haufen Müll. Oder auch mal eine Frau, die direkt dort ihr Kind auf die Welt bringt. Da braucht man als Europäer starke Nerven und sehr viel innere Stärke, um das alles zu ertragen.

An diesem Tag aber ist alles anders. Es ist Mai und es ist heiß. Mörderisch heiß! Da trifft es Gabi wie ein Blitzschlag. Elektrisiert blickt sie auf drei kleine Jungs am verdreckten Straßenrand – der Jüngste gerade mal 1,5 Jahre alt. An den Köpfen offene Geschwüre, auf denen sich gnadenlos Schmeißfliegen und Maden tummeln. Sie haben Hunger und Durst.

Besagter Blitzschlag bewirkt in Gabi etwas Unbeschreibliches. Als ich sie genauer dazu befrage, kann sie es in Worten gar nicht recht beschreiben.

Erster Gedanke: Ich gebe ihnen erst mal Wasser und Essen.

Zweiter Gedanke: Da können sie doch auf keinen Fall bleiben!

 

Krimi made in Kathmandu

Tja, da steht Gabi nun, mitten in Kathmandu mit drei kleinen Buben, denen sie unbedingt helfen möchte. Dank Blitzschlag hat sie sich das nicht nur in den Kopf gesetzt, sondern ins Herz eingebrannt. Bei einer Frau wie Gabi verbleibt so was dort so lange, bis das Vorhaben auch umgesetzt ist.

Mal ganz praktisch gedacht: Drei Sandwiches verteilen plus einige Flaschen Wasser – was nützt das? Gar nix, außer einem kurzfristigen Moment, in dem der Magen einmal nicht knurrt. Daher tritt umgehend Plan B in Kraft, angetrieben mit der Blitzschlag-Power im Herzen. So viel vorweg: Sie schafft es tatsächlich.

 

Die Odyssee dessen in Kurzfassung:

  • Kinderheim 1 – nach einer Stunde sitzen die drei schon wieder am selben Platz.
  • Kinderheim 2 – Umstände unter aller Kanone. Tausendmal schlimmer als auf der Straße, und das will was heißen.
  • Kampf gegen Windmühlen, furchtbar anstrengend und ernüchternd.
  • „Da können sie auf keinen Fall bleiben“ – wiederholt sich auf groteske Weise. Inzwischen sind einige Wochen vergangen und außer den drei Jungs hat Gabi noch weitere ca. 20 Kinder von der Straße geholt. Da hocken sie nun in diesem furchtbaren Kinderheim, das seinen Namen nicht verdient. Gabi macht sich Vorwürfe, denn allen hatte sie ein besseres Leben versprochen. Was Gabi verspricht, hält sie auch.
  • Erster Gedanke: „Dann gründe ich halt mein eigenes Kinderheim, damit die Kinder endlich gut versorgt sind!“ – wie so was geht in einem hinduistischen Land, in dem Armut simpel auf das Karma geschoben wird? Diese Herausforderung schreckt Gabi jedoch nicht ab.
  • Die ersten Morddrohungen in Richtung Gabi folgen. Uiui, die Lage spitzt sich zu und es wird sehr brenzlig, denn in besagtem Kinderheim steckt man natürlich sehr gerne die Spendengelder ein, will aber sonst nichts groß ändern. 20 fehlende Kids, die sie dort nun wegholen will, bedeutet ein ziemlicher finanzieller Verlust. Das will man so nicht auf sich sitzen lassen.
  • Fürsprecher und Helfer machen daraufhin lieber die Biege. Gabi bleibt.
  • Sie gründet ein Kinderheim und dazu die Hilfsorganisation Happy Children e.V.
  • 2010: Gabi erhält das Bundesverdienstkreuz für ihr aufopferndes Engagement.

 

Aufopfernd ist ein Wort, das ich normalerweise ungern verwende. Zu klischeehaft und zu sehr Phrase. Bei Gabi allerdings gibt es keines, das ihr Wirken besser beschreiben könnte. Oder wie soll man es nennen, wenn man selbst gnadenlos zurücksteckt, in Armut lebt, auf Gehalt und alles andere verzichtet – damit alles an Lebenszeit und sämtliches Geld ausschließlich an die Kinder geht?

Da wird rheumatisches Fieber plötzlich lebensgefährlich, denn Gabi kann sich keine Krankenversicherung leisten. Sie liegt damit sechs Monate regungslos im Bett – um sie herum weinen ihre nepalesischen Mitarbeiter wie Klageweiber, die während der ganzen Zeit in Angst leben, ihre Gabi könnte von ihnen gehen. Ein Schutzengel passt wohl auf sie auf und befindet, dass sie auf der schönen Erde noch einiges zu tun hat. Doch als sie einige Jahre später in ein ähnlich dramatisches Dilemma durch Malaria rutscht, erhebt der Schutzengel mahnend den Zeigefinger:

„Frau Gabi, ich kann nicht ständig dein Leben retten. Jetzt ändere endlich etwas.“

Okay, arbeite ich halt wieder als High Intuitive Coach, Motivational Speaker und Trainer für Leadership. Denn wenn jemand anderen Menschen weitergeben kann, wie man Grenzen überwindet und als Frau (ganz alleine in einem fremden Land) Großes schaffen kann, dann ja wohl sie. Bedeutet in der Konsequenz ein Pendeln zwischen Südschwarzwald und Nepal sowie ein proppenvoller 20-Stunden-Tag.

 

© Happy Children e.V.

 

Drei Wünsche? Gabi hat nur einen: mehr Zeit!

Abends 22 Uhr. Als Frühschläfer bin ich da schon auf dem Weg ins Land der Träume. Würde Gabi auch gerne machen: einfach alles liegen lassen, wenn sie müde wird und ins Bettchen gehen. Kann sie aber nicht, denn ihr Tag ist 20 Stunden lang. Ihr Bett sieht sie vor 5 Uhr früh gar nicht.

Müdigkeit ist bei ihr daher eine zwangsweise Nebenerscheinung und wenn sie einen Wunsch frei hätte, dann nur einen: Zeit zu haben.

Die Lösung des Zeitproblems? Ganz einfach: zuverlässige praktische Entlastung wäre prima. Die Verwaltung, Organisation und Administration lasten momentan zum Großteil auf Gabis Schultern (und Zeitkonto). Dass ein Tag da kein Ende nehmen will, kann ich mir lebhaft vorstellen. Eine Freundin unterstützt sie hier zwar liebevoll, doch weitere Entlastung ist dringend nötig.

Dir liegen verantwortungsvolle Organisation, du bist zuverlässig, kreativ und die Social-Kanäle sind dein Ding? Dann melde dich gerne bei ihr, sie wird sich freuen – und auch anderweitig kannst du ihre wertvolle Arbeit jederzeit unterstützen in Form von Patenschaften und Spenden.

Apropos Spenden: Über einen Facebook-Aufruf lernte Ari das Projekt und die liebe Gabi vor einiger Zeit kennen. Ihre Mutter und sie schickten Hilfspakete nach Nepal. Und egal, wie viel Gabi auch zu tun hat: Sie hat immer ein nettes Wort für alle Spender und Unterstützer übrig. Das imponierte Ari seinerzeit doch sehr. Auf der Website von Happy Children e.V. kannst du dich über die Hilfsorganisation näher informieren.

 

Übrigens: Das hier sind Ashisk, Ashok und Abinash heute – mit lachenden Gesichtern und einer lebenswerten Zukunft.