Wir und unsere Marotten – leicht schrullig, aber liebenswert!

Autorin des Artikels: Ulrike Parthen
Uli schreibt auch deine Geschichte ulrikeparthen.de
Titelfoto: Joe Artig
Titelmodel: Britta Wollgast

Heute bin ich nur mal Zuhörerin und schreibe mit. Ari und ihre Freundin, nennen wir sie mal Ute,  unterhalten sich über ihre Männer: „Ach ne, deiner auch?“, stellt Ute fest, als Ari ihr davon berichtet, dass ihre bessere Hälfte immer die Spülmaschine umsortiert. Sie räumt das dreckige Geschirr ein – er sortiert sofort alles um. Gleiches auch bei Ute. Ihr Liebster kann es nicht ab, wenn die kleinen Teller unten sind. Wenn also mal wieder klappernde Geräusche aus der Küche klingen, weiß Ute: Da frönt der Schatz mal wieder seiner Spülmaschinen-Umräum-Marotte.

Und schon sind die beiden Damen mittendrin im Thema und finden, diese zauberhaften Ticks sind unbedingt einen Artikel wert, den ich nun amüsiert lauschend aufschreibe. Zumal wohl jeder ab Ü50 so was von locker drüberstehen kann – mit der Erkenntnis: „Manchmal sind die Menschen zwar bekloppt, aber glücklich!“

Da es in Aris Umfeld noch viele andere Ü50er gibt, geht sie für diesen Artikel wie gewohnt auf die Pirsch. „Hey, was für Marotten hast du eigentlich?“, so die recht direkte Frage an zwei besondere Damen aus der 50plusstyle-Community. Sie antworten prompt. Dazu gleich mehr.

 

So rum muss es stehen!

Das haben sich Ari und Sergey einigermaßen praktisch aufgeteilt: Des einen Macke tobt in der Spülmaschine, des anderen im Küchenschrank. Denn auch wenn Ari die Sortierung des dreckigen Geschirrs schnuppe ist, kann sie ein Durcheinander im Küchenschrank wiederum nicht mit angucken.

Schau dir dieses furchtbare „Chaos“ auf dem Foto unten an. Wie … du erkennst kein Chaos?

© Ariane Brandes

Sieht man doch sofort! Untragbares Chaos in Aris Küchenschank: Die Tassen stehen kreuz und quer, Gläser farblich kunterbunt durcheinander. Geht gar nicht, findet Ari und schafft erst mal eigene Ordnung. Ja, so muss das aussehen. Alles schön in Reih und Glied, auf den Millimeter exakt in Position gerückt:

©Ariane Brandes

Ein weiteres Kampfgebiet von Ari und Sergey ist der gelbe Sack. Er zerknüllt jeglichen Plastikmüll darin so klein wie möglich, stapelt kleinere Becher sogar in größere – ähnlich wie die bekannten Matrjoschkas. Danach schaut er stolz auf sein Werk und ist sehr zufrieden. Denn was bei Ari zwei volle gelbe Säcke beanspruchte, passt nach Sergeys Neu-Sortierung nun quasi in zwei Hände.

 

Ute und ihr Schatz kämpfen auch ganz gern, jedoch in anderen Disziplinen, wie z.B. dem Wäsche waschen

©Annie Spratt

Der Kampf beginnt relativ harmlos. Utes Mann legt klammheimlich vor mit seiner Wäsche-Macke. Die offenbart sich dann, wenn sie die gewaschene Wäsche aus der Waschmaschine holen will. In 95 % der Fälle darf ich sie dabei erst mal sämtliche Utensilien ihres Hausstands aus der klebrig-nassen Türmanschette klauben: Kugelschreiber, Feuerzeuge, Schrauben und vieles andere mehr. Alles nur, weil Männer die marottige Angewohnheit haben, so ziemlich alles in ihren Hosen- und Jackentaschen zu deponieren, was sie zum Leben brauchen. Und dann? Klamotten aus, zack in die Wäsche – mitsamt Inhalt. Da braucht Ute gute Nerven! Und Ari zieht kopfnickend ne Schnute.

 

Jetzt ist Ute dran!

Autorin dieses 50plusstyle-Artikel zu sein, hat durchaus Vorteile. So wie heute, da ich mich raushalten und mit den Ticks der anderen beschäftigen kann. Ich mach dann die Biege, bevor ich nach meinen eigenen gefragt werden sollte. Ute wirkt leicht genervt, hilft jetzt aber nix, also outet sie sich ganz mutig.

Stichwort einkaufen gehen. Sie hasst es wie die Pest, daher muss es strikt nach Schema ablaufen: Im Affentempo durch die Gänge rasen und alles im Eiltempo abarbeiten. Sie schafft das jedes Mal in Rekordzeit, da sie bereits zu Hause den Einkaufszettel fein säuberlich nach Warenpräsentation schreibt. Mit ihrem Notizzettel findet folglich auch jeder Ortsfremde sofort zum richtigen Angebot. Weil der den Fremden quasi schon wie eine Art Navi durch die Gänge leitet.

Nach Bezahlen, ganz wichtig: Es muss unbedingt seine bestimmte Struktur haben, wie die Lebensmittel danach in der Einkaufstasche gestapelt werden. Nach unzähligen Jahren des gemeinsamen Einkaufens hat Utes Schatz das längst begriffen und rührt das Warenangebot nach dem Bezahlen nicht mehr an. Auch besser so, da bei ihm Dinge wie Erdbeeren oder Avocados ganz unten landen und der Rest obendrauf. Zu Hause angekommen, naja, erklärt sich von selbst. Die Sachen sind Matsch und Ute ist sauer. Sie liebt Avocados! Wenn das kein stichhaltiger Grund ist, dass sie sich mit äußerster Sorgfalt tickmäßig darum kümmert, weiß ich auch nicht.

Auch lustig: Wenn Ari und Ute verreisen. Kommt zwar selten vor, aber Ute schleppt ganz gern den halben Hausstand mit. Lebensmittel, Klamotten für Temperaturen von minus 10 bis plus 30 Grad und natürlich ihr Kopfkissen. Ohne das geht sie schon mal nirgends hin. Auch in dieser Sache hat sich eine Liste bestens bewährt, die Ute akribisch abhakt. Damit sie auch ja nix vergisst. Ari ist da das krasse Gegenteil.

Sie sieht Kofferpacken als Wettbewerb im Sinne von: Mit wie wenig komme ich aus?

Und das Wenige an Kleidung, das dann mit darf, wird nicht zusammengelegt, sondern nach spezieller Form gerollt. Aber auch nur dann, wenn am Zielort keine Auslegeware vorzufinden ist. Ansonsten tritt Ari die Reise erst gar nicht an. Igitt, Teppiche im Hotel? Unvorstellbar! Da bleibt sie lieber zu Hause oder sucht im Internet so lange, bis sie eine garantiert teppichfreie Unterkunft findet. Beim geringsten Zweifel scheut sie sich auch nicht davor, den Telefonhörer in die Hand zu nehmen und vorab nachzufragen: „Haben Sie Teppiche im Hotel? Ja? Okay, hat sich erledigt!“

 

Kommen wir zu diesen beiden Damen: Britta + Uli

© Gunnar Lade /Ladezone Fotografie

Sind sie nicht herzallerliebst, die Zwei? So kennt die 50plusstyle-Community sie! Ganz knuffig, sympathisch und immer so viele schöne Fotos auf Instagram, denen viele Menschen gerne folgen. Eines schöner als das andere. Wenn du mal schauen magst, kannst du das hier tun:

Ari berichtet von der Sprachnachricht an Uli: „Hey Uli, hast du eigentlich auch Marotten?“ Nebenbei erkläre sie ihr grob das Vorhaben. Und ihre Antwort kommt prompt: „Hallo Ari, du hast mich gerade ganz doof erwischt!“ Prust, schnauf. Sie klingt, also wäre sie kurz vor einem Atemaussetzer. Im weiteren Verlauf der Nachricht erfährt Ari jedoch, dass sie gerade einen Berg besteigt.

„Ich habe glaub ich gar nicht so viele Marotten“, keuch, schnauf, antwortet sie Ari während der Gipfelbesteigung. Ihre Philosophie zum Thema ist die, dass vermutlich eher sehr strukturierte Menschen Marotten hätten. Weil die ihre Ordnung brauchen. Sie selbst sei aber ein kreativer Chaot. An der Stelle kriegt Ari einen Lachanfall. Ich schaue zu Ute rüber, die  mich unschuldig anschaut. Gestatten: Ute, kreative Chaotin hoch drei und mit durchaus so einigen lustigen Marotten gesegnet, die sie mir aber nicht verraten will.

Mitte der zweiten Sprachnachricht fällt Uli dann doch noch was ein. Sie mag keinen Firlefanz zu Hause im Sinne von massenweise Deko, Staubfänger und Co, das völlig durcheinander platziert ist bzw. an den Wänden hängt. Bei Durcheinander in diesem Sinne kriegt sie leichte Tick-Krämpfe im Inneren. Ähnliches passiert ihr beispielsweise auch bei Visitenkarten, wenn darauf ein Kraut und Rüben verschiedener Schriftarten herrscht. „Über Geschmack kann man mit mir sprichwörtlich streiten“, erklärt sie zwischen zwei erneuten Prustern. Der Gipfel naht.

Eher beiläufig erwähnt sie noch die Sache mit dem Klopapier. Sie kann eines partout nicht leiden: Wenn die Klopapier-Rolle verkehrt herum hängt, und zwar bloß nicht nach unten abrollbar! Nie und nimmer und auf gar keinen Fall geht das so! Es muss nach oben abrollbar sein, dann ist die Klopapier-Welt für Uli in Ordnung. Die Sprachnachricht muss Ari dreimal abhören und versteht den Sinn immer noch nicht, berichtet sie. Wie genau hängt sie nun richtig und wie verkehrt rum? Ich bespreche mich mit Ute und auch mit Ari. Jeder definiert „nach oben abrollbar“ anders. Da kann nur ein Beweisfoto helfen – direkt aus Aris Örtchen. Ergebnis: Sie reden alle vom gleichen „richtig rum“ und da schmunzle ich jetzt mal still in mich hinein.

 

 

Für Britta ist Klopapier auch ein Thema. Noch viel mehr aber sind es Kalkflecken.

Thema Wasser: Meereswasser findet sie richtig super und zeigt sich dem Thema gegenüber völlig tiefenentspannt. Nur zu Hause, da hat Wasser gefälligst zu gehorchen. Und zwar insofern, dass es bitte schön keine hässlichen Kalkflecken hinterlässt. Da kriegt Britta die Krise. Sie begegnet dem Feind mit Dutzenden Lappen, die an jeder Stelle hängen, an dem Wasser ansatzweise fließen kann. Sobald es sich ausgeflossen hat, wird hartnäckig jedem Wasser-Fleckchen sofort mit dem Lappen zu Leibe gerückt. Damit aus ihm niemals auch nur ein Hauch von Kalkfleckchen entstehen kann.

Wenn Besuch da ist, hält Britta nichts mehr auf dem Sofa, denn ihr einziger Gedanke ist: „Wie schleiche ich den Leuten so unauffällig wie möglich hinterher, wenn sie mein Badezimmer wieder verlassen haben?“ Und dann nichts wie Waschbecken und Wasserhahn vom Wasser trockenrubbeln – bei Übernachtungsgästen natürlich auch noch die Echtglas-Duschwand.

Wie sie sagt, hat sie es allein ihrem Hund Bruno zu verdanken, dass mit Einzug dieses lustigen Gesellen ihr einstiger Putzfimmel nahezu komplett verduftete und nur noch die Kalkflecken-Marotte davon zurückgeblieben ist. Bruno begutachtet das Treiben inzwischen vom Himmel aus und muss teils sehr über sein Frauchen schmunzeln.

Kurze Anmerkung noch zum Klopapierthema. Das kommt Britta sehr bekannt vor, denn sie tickt da ähnlich wie Uli – mit dem Unterschied, dass sie nicht davor zurückschreckt, auch in fremden Örtchen mit falsch herum hängender Rolle die Ordnung sogleich wiederherzustellen.

 

Und falls du dich beim Lesen jetzt bei der einen oder anderen Marotte ebenso erkannt haben solltest, mache es wie Ari und Ute: Lach drüber und genieße dein Leben. Ohne Marotten wäre es ja fast ein bisschen langweilig, oder?