Bewegung im „Alter“ – mit Ü50 neu durchstarten!
Gastautor des Artikels: Peter Gerfen / Personal Fitness Trainer
Titelfoto: Peter Gerfen
Kennst du Sprüche wie: „Der Lack ist ab!“ oder: „Dafür bist du doch schon viel zu alt!“? Falls du wie ich über 50 bist, setzt das Schubladendenken der Gesellschaft ein und in vielen Bereichen wird man aufgrund seines Alters in seinen Möglichkeiten für limitiert gehalten. Bewegung im Alter bekommt dadurch teils einen leichten Negativtouch.
„Mit Ende 40 bzw. Anfang 50 ist man eben nicht mehr so fit wie mit Anfang 20 oder 30“, ist ein weiteres Beispiel dafür, in dem uns suggeriert wird, einem unabänderlichen Weg des körperlichen Zerfalls nicht entkommen zu können.
Natürlich verändern sich körperliche Prozesse im Laufe der Zeit. Das Ausmaß dieser natürlichen Vorgänge ist jedoch bei Weitem nicht so dramatisch und degenerativ, wie uns unsere Mitmenschen und leider wir uns auch selbst oft einreden wollen.
Dazu eine kleine, bemerkenswerte Geschichte:
Heute werde ich ihn ansprechen! Passiert es doch selten, einen so gut gelaunten Läufer auf der abendlichen Joggingrunde zu begegnen. Ein lautes und freundliches „Hallo“, verbunden mit einem strahlenden Lächeln und einer zuwinkenden Handbewegung, ist unter Freizeitläufern doch eher (leider) die Ausnahme.
Mhm, jetzt bin ich schon so lange unterwegs. Eigentlich ist das hier doch auch sein Laufrevier. Moment, dort hinten am Waldrand, ich erkenne ihn an seinem sehr eigentümlichen Laufstil, da ist der freundliche Läufer. „Hallo“ erwidere ich und bleibe stehen. „Wir scheinen hier auf derselben Laufstrecke unterwegs zu sein. Wie oft laufen Sie in der Woche? Mein Name ist übrigens Peter.“
„Ich bin der Hüpi“, erwidert der gut gelaunte Läufer. „Wie alt schätzt du mich?“
Etwas verwundert ob der Frage, bin ich höflich und antworte „So knapp über 60?“
„Nee, nee, ich bin 85 und laufe seit ich 50 bin hier in diesem Wald!“
Im anschließenden Gespräch erzählte mir Hüpi, dass er mit Ende 40 einen Schlaganfall erlitten hatte und es ihm viele Jahre gesundheitlich nicht gut ging. Er krempelte sein Leben um und fand seine Passion im Laufen.
„Seit 15 Jahren hatte ich keine Erkältung mehr!“ Nach diesem Satz und einigen Abschlussnettigkeiten liefen wir in gegensätzliche Richtungen auf unserer Laufrunde weiter. Diese schöne Begegnung unterstreicht, dass es niemals zu spät ist, mit Sport und Bewegung anzufangen. Selbst dann nicht, wenn die Rahmenbedingungen nicht perfekt zu sein scheinen wie in Hüpis Fall.
Bewegung im Alter – drei Beispiele
Alle beweisen wie im Falle Hüpi, dass unglaubliche Erfolge im Leben und Erscheinungsbild immer möglich sind – gleich welchen Alters und welcher Vorgeschichten:
- Mann, 38, der seinen Körperfettanteil innerhalb eines halben Jahres von 25 % auf 6 % senken konnte und heute aussieht wie ein Fitnessmodell.
- Frau, Ende 40, die es innerhalb eines Jahres schaffte, ihr Körpergewicht um 50 kg zu reduzieren und ihr neues Gewicht bis heute hält.
- Ältere Dame, damals 72, die mit dem Gedanken spielte, in ein Seniorenheim umzuziehen und heute, acht Jahre später, nach viel Bewegung und Training, in bester Gesundheit und Fitness eine Weltreise unternimmt. Zu ihr gleich noch mehr.
Das zeigt: Gib deine Ziele nie auf! Bewegung im Alter ist kein Schreckgespenst und das funktionelle Training eben kein Hochleistungssport, bei dem du schwitzend oder nach Luft japsend durch den Wald rennen musst. Du kannst unabhängig deines Alters oder Fitnesslevels jederzeit loslegen und deine persönlichen Ziele erreichen. Und das auch noch mit Spaß an der Sache.
Was alles möglich ist, zeigt Maria – inzwischen stolze 80 Jahre alt!
Noch mal zurück zu Maria, der älteren Dame, die ich oben schon kurz vorstellte. Vor acht Jahren setzte sie sich mit mir in Kontakt. Im Anamnesegespräch stellte sich heraus, dass Maria unter Herzrhythmusstörungen, einer Altersosteoporose und chronischen Rückenbeschwerden litt. Sie war leicht übergewichtig und stark bewegungseingeschränkt.
Alles Beschwerden, die mehr oder weniger häufig von Interessenten eines Personal Trainings jenseits der 50er geäußert werden. Marias Zielvorstellung war es, neben einer Gewichtsreduktion, wieder mobiler und beweglicher zu werden. Sie hatte für sich sehr konkrete Vorstellungen von Bewegung im Alter.
„Ich möchte mir wieder selbst ohne große Anstrengung und nicht im Liegen die Schuhe zubinden zu können!“
Bei einem dreimaligen Training in der Woche, das zu Anfang stark physiotherapeutische Züge hatte, machte Maria schnell Fortschritte. Nach acht Wochen dieser „Vorarbeit“ war sie dann in der Lage, mit dem eigentlichen Fitness-Starter-Programm loszulegen.
Maria feierte vor einigen Tagen ihren 80. Geburtstag. Ihr Arzt attestiert ihr mittlerweile eine sehr gute Gesundheit. Ihre gesundheitlichen Parameter haben sich in allen Bereichen deutlich verbessert. Nächstes Jahr unternimmt sie wieder eine Weltreise, die Rückenbeschwerden gehören längst der Vergangenheit an und ihre Schuhe kann sie sich auch wieder ohne Probleme zubinden.
Ich mag Kunden wie Maria. Zu sehen, wie sich durch das Training und eine Ernährungsumstellung, selbst im hohen Alter solche großartigen Erfolge einstellen, erfüllt mich mit Freude. Und es beweist einmal mehr, dass Bewegung im Alter eine unglaubliche Bereicherung für das Leben sein kann.
#1 Bewegung im Alter –
Übungen für zu Hause oder in der Natur
Ob zu Hause, im Hotel oder in der Natur. Ein funktionelles Kraftausdauertraining lässt sich überall sehr einfach umsetzen. Ich empfehle dir dabei, neben dem Einsatz des eigenen Körpergewichts, zusätzlich Fitnessbänder mit ins Training einzubinden, die es in unterschiedlichen Stärkegraden zu kaufen gibt. Exemplarisch stelle ich dir hier nun einen Tag des Trainingsplans für Einsteiger ü50 vor.
Die WHO (World Health Organization) empfiehlt einen Bewegungsrahmen von ca. 150 Minuten in der Woche für Erwachsene. Mein Trainingsprogramm für Einsteiger orientiert sich an dieser Empfehlung.
Beispiel-Trainingsplan Tag 1 // Outdoor –
Themen: Push (Brust, Trizeps) Bauch und Laufen
- 15 Minuten Cardio (laufen, schnelles Gehen – ohne zu schnaufen!)
- 20 hohe Liegestütze (aufgrund der höheren Position des Oberkörpers lassen sich diese Art von Liegestütze sehr leicht umsetzen)
- 25 Dips (mit angewinkelten Beinen, so dass die Belastung zu Anfang nicht sehr hoch ist)
- 20 Sit-ups (Diese können auch in zwei 10er Serien aufgeteilt werden. Wichtig ist es hierbei, einen Winkel von Oberkörper zum Unterkörper zu wählen, der es zulässt, die Übung sauber auszuführen)
- 15 Fliegende mit einem Tube (Fitnessband)
- Abschluss: Ein Atem-, Entspannungs- und Stretching Programm
© Peter Gerfen
#2 Bewegung im Alter – mit Wunsch der Gewichtsreduzierung
Strenge Diäten führen niemals zum Erfolg. Eine langfristig gesunde Ernährungsumstellung sollte sich immer an individuellen Voraussetzungen orientieren. Verstoffwechsele ich Kohlenhydrate besser als Proteine oder Fette, oder ist es vielleicht anderes herum? In meinem Buch „BEWEGUNG!“ – Motivation, Training, Ernährung zeige ich hier Lösungsansätze und empfehle einen Test der Aufschluss darüber gibt, mit welcher Ernährungsweise der größtmögliche Erfolg garantiert ist.
Worauf wartest du noch? Freudige Bewegung im Alter – los geht’s!
Mit 50 stehen dir alle Wege offen. Maria war über 70 Jahre alt, als sie mit einem gezielten Bewegungsprogramm anfing, ihrem Leben eine positive Richtung zu geben. Wichtig ist, dass das Trainingsprogramm einfach umzusetzen ist und dich unter- noch überfordert. Im Vordergrund sollten immer der Spaß und die Freude an der Bewegung stehen. Auch für ein starkes Immunsystem ist regelmäßige Bewegung an der frischen Luft wichtig.
Peter Gerfen war in den 90er Jahren Torschützenkönig der 1. Handball-Bundesliga und Nationalspieler. Nach Ende seines Sportstudiums begann seine Karriere als Personal Fitness Trainer. Heute ist er einer der gefragtesten Fitness Trainer in Deutschland.
Er konzipiert Präventionskurse für Krankenkassen und schreibt Sachbücher zu den Themen Motivation, Training und Ernährung, so wie beispielsweise das Buch „BEWEGUNG!“ – Motivation, Training, Ernährung mit einem gezielten Workout für jedermann. Als Brave Speaker tritt er auf nationalen und internationalen Veranstaltungen als Redner und Mutmacher auf.
Mit seinem Kindersportcamp, einem Herzensprojekt, ist der zweifache Familienvater in vielen Städten als Bewegungsbotschafter unterwegs.